Anregungen für unser Forum
#1
Wolfgang hat sich am Ende des letzten (virtuellen) Treffens über die Zukunft unseres Forums geäußert. Ich habe seine Andeutungen so verstanden, dass wir es zukunftssicherer machen sollten; denn bei aller freundschaftlichen Diskussion auf hohem Niveau - ein klein wenig Müdigkeit glaube ich zumindest an mir selbst zu spüren. Somit sind Ideen gesucht.
Was mir dazu einfällt: Wir sollten den Kreis aktiv erweitern. Von selber kamen in den letzten Jahren kaum Neue hinzu, obwohl es per Zoom leichter gewesen wäre als Ludwig Feuerbach in der Elvirastraße zu besuchen. Ein faszinierender Mann übrigens - ich lese gerade (wieder) die Aussprüche aus seinen Werken, neu herausgegeben von der Feuerbach-Gesellschaft 2004. Ein großer Teil seiner Schriften setzt sich äußerst kritisch mit Religion und Kirche auseinander, ein Thema, das Wolfgang wohl nicht besonders mag. Vielleicht besteht hier die "Gefahr", dass wir uns allzu schnell einig sind. Trotzdem meine ich, dass wir unsere Fühler zu "verwandten" (humanistischen) Gesellschaften ausstrecken sollten, also z.B. zur Giordano-Bruno-Stiftung, GBS, oder zum Bund für Geistesfreiheit, bfg. Und zwar nicht einfach in Form einer Einladung zu unseren Treffen, sondern durch aufeinander Zugehen, physisch. Die haben ja auch Treffen. Ich denke dabei zunächst an einmalige Veranstaltungen mit derartigen Gruppierungen, als Versuchsballon. Ein Problem der Humanisten ist ja, dass sie zersplittert sind, nicht untypisch für etwas intellektuellere Kreise. Wenigstens die Kontakte sollten intensiviert werden, vielleicht kann mittelfristig sogar so etwas wie ein Netzwerk aufgebaut werden. Der Kontakt zur Partei der Humanisten ist leider im Sande verlaufen, aber dieser große Pool an jüngeren Leuten wäre eine besondere Zielgruppe zum gegenseitigen Nutzen.
Jedenfalls glaube ich, dass wir Formate zum Austausch mit anderen humanistisch orientierten Gruppen testen sollten. Den Meinungsaustausch mit religiösen Gruppen halte ich dagegen für weniger zielführend, was die Zukunftsfähigkeit unseres Kreises betrifft. Da sitzen zwar auch durchaus gescheite und aufgeklärte Leute, aber gläserne Wände sind auch Wände.
Deine Anregungen, lieber Franz Michael, sollten unbedingt beantwortet und weitergesponnen werden, und nicht nur von mir! Ich schreibe ein paar Gedanken auf, die mir dazu kommen:
- Ja richtig, wir sollten unseren arg geschrumpften Kreis erweitern u.s.w., nur: WER sind wir (und, wenn ja, wie viele)? Soll heißen: Worin unterscheiden wir uns denn von den anderen, ähnlich gelagerten Gruppen? - Wenn wir da nichts finden, das uns deutlich abhebt, könnten wir auch einer von denen geschlossen beitreten. Wär aber doch irgendwie schade. Warum??
- Erster Versuch: Wir sind die Feuerbachianer! (Danke, Franz M., dass du ihn für mich entstaubt hast. Ungelesen ruhte er bei mir in einer Schublade neben Marx und Hegel.) Immerhin hat er, so lerne ich jetzt, ganz überwiegend in BAYERN gelebt und gearbeitet; und am 13. September, einen Tag bevor Wolfgang mit uns über die Zukunft dieser Gruppe(!) nachdenken will, liegt sein 250. Todestag! Aber das hilft alles nix, die anderen Gruppen beziehen sich genauso auf ihn, der bfg-Augsburg hat sogar einen Ludwig-Feuerbach-Preis gestiftet...
- Zweiter Versuch: Wir sind die Café-Feuerbachianer. Das passt schon besser. Mich jedenfalls hat der Charme der Treffen dort in den Jahren 2018/19 überzeugt, der Vereinigung beizutreten. Der Einsatz von Isolde und Wolfgang hatte großen Anteil daran. - Aber ach, verständlicher Sparzwang des Trägers und die Bequemlichkeit der Videokonferenzen vom Zuhause aus besiegeln das AUS dieses sympathischen Treffpunkts. Und damit auch das weitere Schwächeln und baldige Aus unserer Gruppe? Nein, nicht notwendig; es gibt da noch etwas anderes. Also ein...
- Dritter Versuch: Franz M.‘s Formulierung “..Gefahr, dass wir uns zu schnell einig sind..“, bringt mich darauf. Wir waren uns nicht immer einig, das wär ja auch öde, aber das (fast) gänzliche Fehlen von Polemik in diesen Gesprächen war auffällig und war, denke ich, vor allem Wolfgangs Anliegen und Verdienst. Es war auch das, muss ich gestehen, was mich besonders anzog an dem Kreis.
Und von da aus schlage ich einen vielleicht etwas gewagten Bogen zum alten Ludwig Feuerbach. Neben all dem Hass, den er auf sich zog bei den engstirnigen Vertretern der etablierten Konfessionen, ging er auch manchen Mitstreitern nicht weit genug: Das menschliche Bedürfnis, sich sein eigenes Gottesbild zu schaffen, wollte er durchaus anerkennen und nicht dem wohlfeilen Spott preisgeben. Wolfgangs interreligiöser Dialog lässt grüßen.
Ich glaube verstanden zu haben, dass neue regelmäßige Treffen im “Haus der Kulturen und Religionen“ möglich sein werden. Es bleibt zu hoffen, dass wir dort auch etwas von dem Charme des alten Café F. wiederfinden bzw. neu aufbauen können.
Ferdinand
Nur ein paar Gedanken als Fortsetzung der Anregungen von Ferdinand und Franz.
Ich bin ja relativ neu (1 Jahr) zum Treffpunkt dazugestoßen und habe die Gespräche und deren Atmosphäre sehr positiv empfunden. Sowohl die Themen waren interessant als auch die Art des Miteinanderredens, sich zuzuhören, ehrliche Meinungsäußerung ohne Polemik oder gar Niedermachen. Sicher auch ein Verdienst der einfühlsamen Moderation. Vielleicht wäre manchmal noch mehr Tiefgang möglich gewesen, was ein gut strukturiertes Impulsreferat erfordert hätte, aber das läßt dann wiederum zu wenig Raum für Gespräch und Meinungsaustausch.
Bei den Themen ist das Problem, dass wahrscheinlich viele - wie ich - auch in anderen Gruppen aktiv sind ( z.B. ich in Gewerkschaft, Ökologiegruppe FFF, Friedensbewegung, Musikgruppe usw.) und dabei gesellschaftspolitische Fragestellungen erörtern, so dass das Bedürfnis, dies auch im Kreise von Humanisten zu machen, nicht so groß ist. Zudem besteht ja die Möglichkeit, sich über Literatur und mediale Angebote (z.B. sehr gut Kortizes!) damit auseinanderzusetzen.
Wenn man davon ausgeht, dass die Fragen von Kant (Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?) auch religiöse Fragen sind, die auch kirchlich orientierte Menschen interessieren und natürlich Humanisten, dann erscheint mir schon die Auseinandersetzung mit Kirche/Religion ein zentrales Thema für uns zu sein. Wenn ich Feuerbach richtig verstanden habe, dann ging es ihm nicht um eine Bekämpfung der Religion, sondern gerade aus der Anerkennung des legitimen Bedürfnisses des Menschen nach "seelischer" Orientierung um Aufklärung über die Grenzen von Religion, sozusagen Religion oder Spiritualität ohne Transzendenz. Insofern unterstütze ich die Anregung von Franz und Ferdinand.
Auf jeden Fall sollte das Treffen fortgeführt werden, nach Möglichkeit hybrid, damit auch die, die auswärts wohnen, teilnehmen können. Das persönliche Treffen im Café F. ist natürlich vorzuziehen und wird hoffentlich weiterhin möglich sein.
Erwin Schelbert
#4
Inzwischen war ich auf einem Treffen des BfG im Mariandl; mehr als 20 Personen waren da. Meine Erwartung an einen geistigen Austausch auf gutem Niveau wurden leider nicht erfüllt. Das lag wahrscheinlich an den zufällig anwesenden Menschen, von denen mindestens die Hälfte keine Mitglieder, sondern Gäste (mit anderen Motiven) waren; jedenfalls gab's dort nicht viel Interessantes für mich. Ich will damit jedoch nicht meinen obigen Vorschlag ad acta legen, da BfG und GBS ja anerkannte, gescheite Köpfe zu ihren Mitgliedern zählen. Aber mit einem gemeinsamen Stammtisch - ist es sicher nicht getan.
Das Café Feuerbach scheint uns noch einige Wochen offen zu stehen, daher werde ich, so lange das möglich ist, gern wieder in die Elvirastraße fahren.
#5
Nach(t)gedanke zur gestrigen (14.9.) Unterhaltung:
Einige von euch kennen sicher den Morgenstern-Vers:
"Korff erfindet eine Art von Witzen,
die erst viele Stunden später wirken.
Jeder hört sie an mit Langeweile,
doch als hätt ein Zunder still geglommen,
wird man nachts im Bette plötzlich munter,
selig lächelnd wie ein satter Säugling."
So ging es mir heute Nacht mit dem, was besonders Erwin am Abend gesagt hatte (nein, es war kein 'Witz', sondern ein Denkanstoß): Der Wert unserer Treffpunkt-Gruppe liegt im Austauschen, Schärfen und Vertiefen von Gedanken, nicht im Suchen eines gemeinsamen sozialen Engagements.
Dieser Vorstellung, muss ich gestehen, dass wir so ein Handlungsfeld entwickeln müssten, habe ich immer noch angehangen. Aber das ist falsch, das sollte jede und jeder für sich selbst in schon bestehenden Organisationen suchen. Dort könnten wir dann ja unsere geschärften humanistischen Impulse hineintragen.
Von daher erübrigen sich auch die Träume von einer großen Erweiterung unserer Gruppe durch PR-Aktionen: Gute Gepräche vertragen halt keine großen Teilnehmerzahlen; etwas Verjüngung und gendermäßige Verbreiterung (ihr ahnt, ich möchte hier nichts falsch machen) würden aber sicher den Gedankenaustausch fördern.
Ferdinand
Nachtrag bei Tage: Mir ist klar, dass mit dieser persönlichen Einschätzung nicht alles über die Zukunft der Humanistischen Vereinigung in München gesagt sein kann. Es wäre natürlich wünschenswert, dass sie an Bedeutung gewinnt und irgendwann (mindestens) ebenso stark und wirksam ist wie heute die Nürnberger. Und das ist Wolfgangs Wunsch und Auftrag, nicht wahr?
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