Zwischenmenschliche Aktionen setzen gegenseitige Freiheit und Verantwortung voraus

04.01.2023 15:48
#1
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Hallo,

obwohl ich nicht an diesem Termin teilnehmen kann, möchte ich im folgenden ein längeres Zitat als Beitrag einbringen.
Das Zitat stammt aus dem Reclambuch "Über menschliche Freiheit" von Julian Nida-Rümelin, 2005.
Es stammt aus dem Aufsatz "Warum die Annahme menschlicher Freiheit begründet ist".
"In unseren alltäglichen Interaktionen setzen wir gerade insoweit Freiheit und Verantwortung, wie sie die Strawsonsche Perspektive postuliert, voraus, als wir das eigene und das Verhalten Anderer als von Gründen bestimmt interpretieren. Ich schlage vor, das Strawsonsche Postulat - wir könnten uns selbst und Andere gar nicht anders ansehen als frei und verantwortlich - genauer zu bestimmen als: Wir können uns selbst und Andere gar nicht anders ansehen denn als Wesen, die ihr Handeln an Gründen ausrichten, die Gründe für ihr Handeln haben, die sie auf Nachfrage auch offenbaren können. Diese Persektive umfasst nicht alle menschlichen Wesen, sondern nur solche mit bestimmten kognitiven und moralischen Fähigkeiten. Aber man mag es dennoch als das spezifisch Humane bezeichnen, dass Menschen - nicht alle, aber diejenigen, die ihre menschlichen Anlagen zu voller Entfaltung gebracht haben - diese Fähigkeit haben. Diese Fähigkeit bei uns selbst und Anderen, mit denen wir interagieren, vorauszusetzen, ist in das ganze Spektrum unserer reaktiven moralischen Einstellung und Empfindungen eingebettet. Wir können es nicht herauslösen, ohne dass dieses System insgesamt zum Einsturz gebracht wird. Diese fundamentale, wer will, mag sagen: transzendentale Rolle der Rationalitätsprämisse lässt naturalistische Umdeutungen so merkwürdig präpotent erscheinen, als Ausdruck einer unbedachten Attitüde, die nicht wahrhaben will, dass es hier nicht um ein Korollar [Schlussfolgerung] wissenschaftlicher Weltanschauung, sondern um die Verfasstheit unserer lebensweltlichen Interaktionen in toto geht. Wenn wir dieses vermeintliche Korollar einer wissenschaftlichen Weltanschauung wirklich ernst nähmen, es also nicht lediglich als Puzzle für die Debatte in philosophischen Fachzeitschriften oder Seminaren behandelten, dann müssten wir in der Tat unsere reaktiven moralischen Einstellungen und Gefühle, mit denen wir alle vertraut sind und die unser gesamtes Verhalten prägen, aufgeben. Strawson hat Recht, wenn er vermutet, dass dies nur um den Preis der Vereinsamung des Einzelnen zu erreichen wäre."

Nida-Rümelin bezieht sich auf Peter Strawson und seinem Aufsatz "Freedom and Resentment", 1962.


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06.01.2023 13:52
avatar  humano
#2
hu

Verstehe ich nicht
humano


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06.01.2023 23:33 (zuletzt bearbeitet: 06.01.2023 23:52)
#3
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Beim dritten Lesen könnte Rümelins Schrift langsam klarer werden, aber sein Stil ist jedenfalls auch für mich schwer verdaulich, und daher mag ich mich auch nicht durch jeden Absatz wie durch ein Mathematikbuch durcharbeiten. Ich habe gegoogelt, was im Netz zu dem Problemkreis kommt, und habe den Eindruck bekommen, dass das Thema für uns viel zu breit ist. Über das Thema gibt es offenbar Regalmeter an Büchern, von Schleiermacher und Kant zu Popper, Rümelin u.v.a. . Kleines Beispiel: Kapitel "Freiheitstheoretische Vorklärungen" in https://www.degruyter.com/document/doi/1...0621587-031/pdf. Vor-Klärungen, also, theoretische, damit man den Rest versteht!

Da lobe ich mir Karl Popper, der Klarheit und Lesbarkeit miteinander verbindet. Aus seinem Vortrag "Die öffentliche Meinung im Lichte der Grundsätze des Liberalismus" (aus der lesenswerten Sammlung "Auf der Suche nach einer besseren Welt") entnehme ich die Feststellung:
"Gedankenfreiheit und freie Diskussion sind letzte Werte des Liberalismus, die keiner weiteren Rechtfertigung bedürfen. Sie können jedoch durch einen Hinweis auf die Rolle erläutert werden, die sie auf der Suche nach Wahrheit spielen."
Die Verknüpfung der Begriffe "Freiheit" und "Wahrheit" bzw. "Wahrheitssuche" scheint mir fundamental. Hat die Freiheit auch bei der Wahrheitssuche Grenzen? Autoritäre Regime und Religionen setzen eindeutige Grenzen. In Demokratien kommt es auf das Thema an: Gentechnik, Migration etc. - hier haben offenbar die öffentliche Meinung (wie auch immer gebildet), Kirchen und Ethikkommissionen etwas zu sagen, was Politiker dann möglichst so umsetzen, dass sie es in ihrer jeweiligen Partei "verantworten" können - Ansätze von Zensur also, und Monopolbildung bei der Publizität. "Verantworten" heißt in einer Partei ja oft nur, dass ihr Interesse gewahrt bleibt. Sind solche Begrenzungen der Preis der Freiheit in einer Demokratie?


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07.01.2023 20:32
avatar  humano
#4
hu

Danke Franz Michael für deine Erläuterungen
humano


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07.01.2023 20:40
avatar  humano
#5
hu

Durch obige Zwischenüberschrift sind meine Beiträge nach unten gerutscht
Dadurch wurde unser Thema überschrieben:
11 Jan 2023 Freiheit und die Grenzen der Freiheit

humano


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