Was macht den heutigen Menschen aus?

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10.12.2020 13:41 (zuletzt bearbeitet: 23.01.2021 22:07)
#1
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Was macht den heutigen Menschen aus?

Genannt am 9.12. im Treffpunkt Humanismus

in Anlehnung an einen Teil des Buches "Eine kurze Geschichte der Menschheit" von Yuval Noah Harari:

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Der Mensch: Krone der Schöpfung oder Schrecken des Ökosystems?
Wie haben wir, Homo Sapiens, es geschafft, den Kampf der sechs menschlichen Spezies ums Überleben für uns zu entscheiden? Warum ließen unsere Vorfahren, die einst Jäger und Sammler waren, sich nieder, betrieben Ackerbau und gründeten Städte und Königreiche? Warum begannen wir, an Götter zu glauben, an Nationen, an Menschenrechte? Warum setzen wir Vertrauen in Geld, Bücher und Gesetze und unterwerfen uns der Bürokratie, Zeitplänen und dem Konsum? Und hat uns all dies im Lauf der Jahrtausende glücklicher gemacht?

Vor 100 000 Jahren war Homo sapiens noch ein unbedeutendes Tier, das unauffällig in einem abgelegenen Winkel des afrikanischen Kontinents lebte. Unsere Vorfahren teilten sich den Planeten mit mindestens fünf weiteren menschlichen Spezies, und die Rolle, die sie im Ökosystem spielten, war nicht größer als die von Gorillas, Libellen oder Quallen. Vor 70 000 Jahren dann vollzog sich ein mysteriöser und rascher Wandel mit dem Homo sapiens, und es war vor allem die Beschaffenheit seines Gehirns, die ihn zum Herren des Planeten und zum Schrecken des Ökosystems werden ließ. Bis heute hat sich diese Vorherrschaft stetig zugespitzt: Der Mensch hat die Fähigkeit zu schöpferischem und zu zerstörerischem Handeln wie kein anderes Lebewesen. Und die Menschheit steht jetzt an einem Punkt, an dem sie entscheiden muss, welchen Weg sie von hier aus gehen will.

Internationaler Bestseller – in knapp 40 Sprachen übersetzt

https://www.randomhouse.de/Paperback/Ein...eon/e441313.rhd
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28.12.2020 17:32 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 20:29)
avatar  humano
#2
hu

Yuval Noah Harari: Sapiens - Der Aufstieg als Graphic Novel

https://www.chbeck.de/buehnen/yuval-noah-harari-sapiens/


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31.12.2020 13:50 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 20:28)
avatar  Uhu
#3
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Uhu

Hararis: Humanismus, deterministischer Naturalismus, Entscheidungsfreiheit

Wenn wir nun irgendwann genauer auf Hararis "Sapiens" eingehen, empfehle ich, das Ende des 12. Kapitels gut zu studieren, vielleicht auch hier ins Forum zu kopieren. Da distanziert er sich sehr kritisch vom "Humanismus" (er unterscheidet drei Versionen davon). Im übrigen vertritt er m.E. auch einen deterministischen Naturalismus, der keinen Raum für eine persönliche Entscheidungsfreiheit lässt. Warum lädt er uns dann noch ein, unsere menschliche Zukunft kritisch zu reflektieren? Ich habe die ersten zwei Drittel des Buchs vor Jahren mit Spannung und Gewinn gelesen, das letzte Drittel nicht mehr so. Habe leider das Buch nicht mehr, sondern nur ein paar Aufzeichnungen dazu.
Zum letzten Thema fällt mir noch eine Variante zu Voltaires Bonmot ein:
V.: "Sicher, es gibt keinen Gott - aber sagen Sie es bitte nicht meinem Diener!"
Hirnforscher: "Klar, wir sind ganz und gar determiniert - aber erzählen Sie das bitte nicht meinen Kindern!"


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31.12.2020 17:36 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 20:28)
avatar  Felix
#4
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Determinismus

Hirnforscher: "Klar, wir sind ganz und gar determiniert - aber erzählen Sie das bitte nicht meinen Kindern!"[/quote]

Stimmt, es ist ein Widerspruch. Aber auf einer praktischen Ebene unproblematisch, da wir uns alle nicht wirklich vom Erleben von Entscheidungsmöglichkeiten distanzieren können.
Ich selber bin inkompatibilistischer Determinist, habe aber trotzdem viel Freude an meinen (gefühlt) freien Entscheidungen. Erst wenn ich dann wieder mal daneben gelangt habe, profitiere ich voll von meiner Weltsicht :-)
Es gibt ja eine ganze Menge Deterministen, aber verhalten die sich in der Praxis weniger konstruktiv?


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03.01.2021 14:04 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 20:37)
avatar  Uhu
#5
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Uhu

AW: Freiheit und Determinismus

Lieber Felix, hier würde ich ja gerne weiterdiskutieren! Vielleicht aber einmal bei anderer Gelegenheit oder unter einem neuen Thementitel, denn hier sprengt es doch den Rahmen, denke ich. Meine Einwände, Präzisierungen etwa:
- Wie "fühlt" sie sich denn genau an, diese Freiheit? (Ich kenne ja das Konzept von Gerhard Roth und ich streite mit einem Schulfreund seit Jahren darüber: Er will mir nicht erklären, wie sie sich anfühlt...)
- Ist in deinem Determinismus ein unscharfer Zufalls-Rand erlaubt/vorgesehen und, wenn ja, objektiv oder nur subjektiv?


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03.01.2021 15:18 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 21:13)
avatar  Felix
#6
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AW: Freiheit und Determinismus

Zitat von Ferdinand im Beitrag #7
Lieber Felix, hier würde ich ja gerne weiterdiskutieren! Vielleicht aber einmal bei anderer Gelegenheit oder unter einem neuen Thementitel, denn hier sprengt es doch den Rahmen, denke ich. Meine Einwände, Präzisierungen etwa:
- Wie "fühlt" sie sich denn genau an, diese Freiheit? (Ich kenne ja das Konzept von Gerhard Roth und ich streite mit einem Schulfreund seit Jahren darüber: Er will mir nicht erklären, wie sie sich anfühlt...)
- Ist in deinem Determinismus ein unscharfer Zufalls-Rand erlaubt/vorgesehen und, wenn ja, objektiv oder nur subjektiv?



lieber Ferdinand,

mit determiniert meine ich, dass z. B. der Verlauf meines Lebens, im Großen wie im Kleinen, nicht in meiner Hand liegt, nicht einmal von mir beeinflusst werden kann. Viele Einflussgrößen sind subjektiv dem Zufall unterworfen. Objektiv ist es theoretisch berechenbar, praktisch jedoch eher weniger- da zu komplex. Wie fühlt sich die Freiheit an? In welcher Hinsicht meinst Du? Ich glaube ich empfinde sogar ein recht großes Freiheitsgefühl, da ich mich in vielerlei Hinsicht als privilegiert erlebe. Nur sporadisch ist mir bewusst, dass ich keine Freiheiten habe. Ich denke ich sehe es so wie Gerhard Roth.


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04.01.2021 22:19 (zuletzt bearbeitet: 05.01.2021 21:09)
avatar  humano
#7
hu

Spieltrieb und Tanz??

Liebe Scottie,
was meinst du mit Spieltrieb und Tanz in Zusammenhang mit "Geschichte" von Harari?
fragt humano/ Gerd


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07.01.2021 11:17
avatar  Uhu
#8
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Uhu

Lieber Felix, wir wissen ja, dass wir beide hier uralt-ehrwürdige Gegenpositionen vertreten; trotzdem werden wir uns wahrscheinlich einigen können, was zu tun gut sei für uns Menschen heute.
Der alte Einstein konnte gut leben mit der Annahme, dass alles im Kosmos schon auf ewig festgelegt sei, und viele Theoretiker heute mit ihm. Für mich (und manche andere) eine Horrorvision...


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07.01.2021 14:19
avatar  Felix
#9
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...ich bin weitgehend Deiner Meinung.
Ich denke, dass es für die Menschen gut wäre, nur in speziellen Momenten* an den Determinismus
zu denken und ansonsten, so zu handeln als gäbe es ihn nicht :-)
Sich also bestmöglich zu bemühen, sich verantwortungsvoll-prosozial -solidarisch usw. zu verhalten.

* z. B. wenn ich mich bei größerer Überheblichkeit ertappe, z. B. wenn ich jemandem verzeihen möchte, z. B. wenn ich mir weniger Selbstvorwürfe machen möchte.


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21.01.2021 06:57
avatar  Xerxes
#10
Xe

So sehr ich Harari für seinen neuen Blick auf die Geschichte schätze, so wenig einig bin ich mit ihm bezüglich der Zukunft des Menschen. Seine Vision fußt nur auf seiner Vorstellung und auf der Annahme, dass es immer "weiter - höher - größer - länger" geht. Für mich ignoriert er dabei die Bedingtheit des Menschen. Es sieht doch nur so aus, als hätten wir unendliche kreative Kräfte, die Harari aber so hoch einschätzt, dass er annimmt, der Mensch könnte sich aus seiner Bedingtheit als Wesen der gesamten Natur herausnehmen. Zum Menschschein gehört die Beschränkung der Zeit, die glaubt Harari mit medizinischen Verfahren (unendlich) dehnen zu können. Das klingt wie in Trick, man möchte der Sterblichkeit ein Schnippchen schlagen. Damit könnte man den Menschen in ein "unsterbliches Monster" verwandeln, denn was bliebe bei all den Veränderungen vom "Original"? Die Bedingtheit aber, im Universum vergänglich zu sein, bliebe bestehen. Was tut man mit einem Menschen, der wie ein Essen immer wieder aufgewärmt würde. Ganz abgesehen davon, dass es bedeuten würde, dass wir die Zahl der Geburten rigoros beschränken müssten, um all den "Greisen" Platz zu schaffen. Das hat mit Menschsein nichts mehr zu tun. Ein Durchbrechen des Zyklus von Geburt und Tod mag ein Ziel sein, ob es sinnvoll ist, ist stark zu bezweifeln. Das ist wichtiger als die Frage, ob es überhaupt geht. Wir sind auch nur ein Teil des Ganzen, unterliegen der Vergänglichkeit. Die Frage nach dem Sinn unseres Daseins wird damit nicht beantwortet . Man schafft nur atmende Mumien, die von ein paar Jungen immer wieder neu "aufgebacken" werden - was für eine Welt.
Und das soll der Mensch sein? Was unser Universum wirklich bedeutet und welche Rolle wir von "außen" betrachtet darin spielen, ist immer noch nur ein Objekt zahlloser Spekulationen, zu denen auch die Religionen gehören. Sie entwerfen Szenarien nach menschlichen Vorbildern und versuchen so einen Sinn des Lebens zu kreieren. Das funktioniert aber nur, wenn man daran glaubt. Eine echte Erklärung fehlt aber bis heute. Wir behelfen uns mit dem Transfer - was mein kleines Hirn als Sinn erkennt oder formuliert oder glaubt, das soll der Sinn sein.
Der Mensch - das unbekannte Wesen, jedenfalls in der Hinsicht, was Sinn und Zweck unseres Daseins wirklich ist.
Freue mich auf die Diskussion. Xerxes


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21.01.2021 06:58
avatar  Xerxes
#11
Xe

Danke, das denke ich auch. Xerxes


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21.01.2021 07:01
avatar  Xerxes
#12
Xe

Eine "Horrorvorstellung" ist es doch nur, wenn man glaubt, der Mensch habe sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft und könne sich selbst aus der Determiniertheit befreien. Aber wie sieht Deine Welt aus, wenn Vergänglichkeit z.B. verschwindet, aber dies vom Geldbeutel abhängt? Das ist für mich eine Horrorvorstellung. Xerxes


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21.01.2021 13:14
avatar  Uhu
#13
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Uhu

Hallo Xerxes, bei der "Horrorvorstellung" fühle ich mich ja direkt angesprochen...
Zunächst aber noch zu deinem längeren Beitrag #12: das sehe ich ähnlich, auch wenn ich's nicht so gut ausformulieren könnte. Solche Übermensch-Phantasien würden m.E. auch zwangsläufig auf eine neue Gabelung unserer Spezies hinauslaufen. Was damit auch schon auf dein Argument zur "Determiniertheit" führt. Dazu:
(1) Zwischendurch dachte ich schon dazu - etwa im Sinne von Felix #11 - , dass es durchaus auch eine tröstliche Vision sein kann, Befreiung von Angst und Reue (und 'Schuld') - wenn man es denn schafft (wie der alte Einstein es von sich behauptete).
(2) WENN totale Determiniertheit besteht, wie du es offenbar unterstellst, dann gibt es doch auch keine "Befreiung" daraus, auch nicht für die Klasse der Supermenschen, es sei denn, das wäre ihnen schon bestimmt. (Diese Bestimmung könnten sie vielleicht an ihrem Geldbeutel ablesen, wie einst die Calvinisten).
(3) Ein ganz bisserl objektiver Zufall mit hineingemischt würde alles viel "menschlicher" machen, finde ich. Und es reicht wirklich so wenig davon, dass man es von dem heute akzeptierten Fehlerrauschen nicht unterscheiden könnte.


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24.01.2021 19:52
avatar  Uhu
#14
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Uhu

Ich youtube-Muffel habe mir endlich die Zeit genommen, den gut einstündigen Vortrag mit Diskussion anzuschauen. Gut verständliches Englisch, da kein Muttersprachler dabei ist. Bis etwa min 36 gute Zusammenfassung von Hararis These (oder Narrativ?) von der Besonderheit von uns Menschen, danach sein düsterer Ausblick auf die Zukunft: Die bisherigen "Erzählungen" helfen nicht mehr weiter - und Harari würde sicher unseren Humanismus dazurechnen. Wenig kompetente Partner in der Podiumsdiskussion und spärliches Publikum: Wieso ist der 2017 schon berühmte YNH dafür bis nach Oslo gereist?? Aber trotzdem informativ und anregend.
Ferdinand


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01.02.2021 18:45 (zuletzt bearbeitet: 01.02.2021 21:21)
avatar  Uhu
#15
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Uhu

Hallo Scottie, meine Anmerkungen jetzt nur zur Erfindung der sesshaften Lebensweise, die du mehrfach ansprichst und die auch in unserer Diskussion eine Rolle spielte. Alles weitere - ah, "ein weites Feld"...
Die Wende zur Agrarwirtschaft und Sesshaftigkeit, auch als 'Neolithische Revolution' bezeichnet, wurde vermutlich zuerst von Jared Diamond popularisiert, in seinem Buch "Guns, Germs and Steel" ("Arm und Reich") von 1997, vielleicht auch dort schon mit dem Etikett "Der größte Fehler in der Geschichte der Menschheit". Harari schmückt das nur noch aus auf seine Weise, im Kap. 5 seines Buches und bezieht sich dort ausdrücklich auf J. Diamond. Andere halten die biblische 'Vertreibung aus dem Paradies' für eine Verarbeitung dieses Traumas: "Im Schweiße deines Angesichts sollst du..."
Natürlich auch nur eine "Erzählung", aber mir scheint sie plausibel. Sapiens hatte ca. 10.000 Generationen Zeit, sich an das Jäger-Sammler-Dasein anzupassen, und nur ca. 400 Generationen für das neue Modell, viel zu wenig. Darum klemmt's halt hier und da, mit der Moral, mit der Gesundheit, mit dem "Unbehagen an der Kultur". Müssen wir halt dran arbeiten. Aber nicht gentechnisch, sondern ... humanistisch.


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