Die 68er damals und heute

14.01.2021 00:06 (zuletzt bearbeitet: 14.01.2021 15:38)
avatar  bob
#1
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bob

Die 68er damals und heute

Wer waren die Hippies und wie schaut Widerstand heute aus?

Seit dem Überfall auf das Capitol in Washington gehen mir der Vergleich und der Kontrast zu der Antikriegsbewegung (besonders ab 1968, Chicago).
Wer glaubt, dass es gar kein Vergleich geben kann, möge die dritte Strophe von Bob Dylan's "The Times They are a Changing" betrachten:

Come senators, congressmen, please heed the call
Don't stand in the doorway, don't block up the hall
For he that gets hurt will be he who has stalled
The battle outside ragin'
Will soon shake your windows and rattle your walls
For the times, they are a-changin'


Bob Dylan -- inzwischen Nobelpreisträger für Literatur -- war damals "a voice that came from you and me" (Don McLean).
Die Situationen in USA und in Deutschland waren anders. Deutsche stellen heute Hippies gleich mit Drogenrausch. Das war nicht meine Erfahrung in USA.
Wir waren IdealistInnen, HumanistInnen, ... und so manche EsoterikInner.

Wenn Interesse besteht, werde ich gerne meine Gedanken ausführlicher formulieren, erweitern, und mit Literatur belegen.


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14.01.2021 10:50 (zuletzt bearbeitet: 14.01.2021 13:55)
avatar  Scottie
#2
Sc

Gerd Koenen | 1968 – ein Mythos wird besichtigt (NZZ Standpunkte 2018) Sendung vom 03.03.2018
https://www.youtube-nocookie.com/embed/stmqwYfe-gA

Vor 50 Jahren erhob sich die Jugend in den westlichen Industriestaaten gegen die Welt ihrer Väter. Dabei strebten zumal die deutschen Kinder von Marx und Coca-Cola nicht weniger als die Weltrevolution an. Während die linke Revolte im Politischen krachend auflief, hat sie die Liberalisierung der Lebenswelt stark vorangetrieben. Trotzdem scheiden sich bis heute die Geister über ihr Vermächtnis. Mit dem Historiker Gerd Koenen unterhalten sich NZZ Chefredaktor Eric Gujer und die Politikphilosophin Katja Gentinetta über Aufbruch und Scheitern, Utopie und Ideologie, Ursachen und Folgen der Bewegung. Koenen gehört zu den wenigen 68ern, welche den gewaltbereiten eigenen Radikalismus kritisch hinterfragt haben.


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14.01.2021 11:46 (zuletzt bearbeitet: 14.01.2021 14:01)
avatar  Uhu
#3
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Uhu

Reflexion zu 1968

Auch ein spannendes Thema! (Vielleicht verzetteln wir uns aber auch mit zu vielen Themen?) Eine Erinnerung und eine aktuelle Reflexion dazu:
1) 1968 war ich eigentlich schon "zu alt" dafür, habe dennoch an einer folkloristischen "Institutsbesetzung" in Karlsruhe teilgenommen, schon damals mit gemischten Gefühlen: die Verführbarkeit zur Gewalt. Hätte ich auch an einer Besetzung des Bundestags teilgenommen? Vielleicht Ja, wenn es um die sich ausweitende Verwicklung der Bundeswehr in einen Dschungelkrieg gegangen wäre...
2) Wichtiger Unterschied: Damals überwiegend Schüler, Studenten, Akademiker, die vergeblich "das Proletariat" zum Mitmachen aufforderten, heute eben dieses, und in seiner abwertenden Bedeutung: die Masse der von der neo- und sozialliberalen Globalisierung Abgehängten . Diesen Aspekt schildert eindringlich Michael Sandel in seinem neuen Buch "The Tyranny of Merit" (dt. "Vom Ende des Gemeinwohls") , freilich aus konservativer Perspektive.


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15.01.2021 18:20
avatar  humano
#4
hu

Danke für dieses neue Thema.
Es ist sehr facettenreich.
Aber Bob, du kannst doch nicht die rechten Erstürmer des Washingtoner Kapitols mit den Idealisten von damals vergleichen?
Für mich war 1968 in USA mehr als Hippies, nämlich Bürgerrechtsbewegung, Anti-Vietnam-Demos, die großen Musikfestivals.
in Westdeutschland dann die Kommune 1 in Berlin, die Theoretiker wie Rudi Dutschke, die Journalistinnen* wie Ulrike Meinhof, Feminismus, Schwulenbewegung u.a.m.
Alles habe ich in der rheinischen Provinz im Fernsehen gesehen und in der Tageszeitung WAZ gelesen.
Die Fragen meiner Generation an unsere Eltern:
Wo wart ihr in der NS-Zeit?
Was habt ihr gesehen und getan?
Warum seid ihr nicht in den Widerstand gegangen?
Warum seid ihr nicht ins Ausland gegangen?
Letztere Fragen waren auch meine Fragen.
Ich habe ja noch Trümmer gesehen.
Ich habe ja Geschichten meiner Klassenkameraden gehört, wenn ihre Väter betrunken waren.
Weil ich nichts im Elternhaus und in den Schulen über die NS-Zeit gehört und in meiner Stadtbibliothek nichts darüber gelesen habe habe ich mich in meinem Studium damit beschäftigt.
Das war 1968 für mich damals und ist es auch noch heute.
Die ganzen theoretischen Texte, die die Studenten damals diskutiert hatten findet ihr hier:
Rudolf Sievers (Hrsg.): 1968. Eine Enzyklopädie, gebraucht zu kaufen.
Aber ich möchte nicht so tief einsteigen.
Jede/r kann ja sagen was sie/er mit 1968 verbindet.
Die Beschäftigung damit ist natürlich auch altersabhängig.
humano/ Gerd, Jahrgang 1951, aufgewachsen in Duisburg


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15.01.2021 19:27
avatar  Felix
#5
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...ich bin Jahrgang 59, habe von daher diese Zeit noch nicht aktiv miterlebt. Mein gesellschaftspolitisches Bewusstsein setzt in der zweiten Hälfte der Siebziger ein. Diese waren für mich geprägt von dem was sich in den späten 60ern geändert hat. Ich habe dadurch viel wohltuende Freiheit und Zukunftsoptimismus erlebt. Im Gymnasium konnte ich meine Facharbeit im Leistungskurs über Bob Dylan machen. Mein konservativer Englischlehrer hat im Laufe der Veranstaltung aus Protest den Raum verlassen (da ich zu viele Musikbeispiele gebracht habe), aber er hat mir diese Freiheit gewährt.
Der Idealismus breiterer Schichten, sich für eine "bessere Gesellschaft" einsetzen zu wollen hat sich bis in die achtziger Jahre gehalten. Die Wende hin zu individualistischerer Selbstverwirklichung meine ich ziemlich genau zwischen 1982 und 1988 verorten zu können.
Idealismus würde ich vielen Querdenkern schon zusprechen, auch wenn dieser mir fehlgeleitet erscheint und oft mit Mitteln umgesetzt wird die ich ablehne.
Was kann der Mensch für seine Paranoia?
Diese z. T. wenig gefestigten Menschen reagieren (in hochproblematischer Weise) auf Probleme die durchaus gegeben sind. Es gibt ein Flüchtlingsproblem, es macht Sinn den Medien kritisch gegenüber zu stehen (auch wenn weder von Lügenpresse noch von gefährlicher Überfremdung gesprochen werden muss). Auf einem etwas gemäßigteren Level machen wir uns alle Gedanken wie viel Beschränkung individueller Freiheit zur Zeit notwendig ist.
Josef Goebbels war in seinen frühen Jahren ein Idealist reinsten Wassers. Das macht seine Gesamtleistung nicht weniger tragisch. Aber eine Versachlichung der Betrachtung Andersdenkender macht Sinn. Man kann diese Menschen in ihren Nöten verstehen und manchmal auch mit ihnen reden. Und das sollte - in möglichst fairer Weise - vermehrt erfolgen.


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